Pietransieri und der Krieg

Pietransieri, der Stein im Dialekt der Abruzzen „La prete". Im November 1943 bestand das Dorf in der Gemeinde von Roccaraso in den Abruzzen aus wenigen Gruppen von Häusern, die rund um eine Kirche standen.

Die Lage liegt ungefähr 1400 Meter über dem Meeresspiegel und zählte damals 400 Einwohner.

Im Dorf waren 876 größere Tiere: Kühe, Schafe, Pferde und Esel. Eine abgelegene und kleine Realität ohne Telefonanschluss, weder öffentliche Beleuchtung oder gar Elektrizität. Es handelte sich um eine bäuerliche Welt, die von Schafzucht, Landwirtschaft und von kleinen Handwerksbetrieben lebte.

Für die Einwohner von Pietransieri ist eine Reise nach Sulmona wie eine Fernreise in ein Land, das weit weg liegt. Ein Großteil von ihnen war noch nie in Sulmona gewesen.

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Die Einwohner des nahe gelegenen Roccaraso, die schon für ihre Schönhiet, Eleganz und mondänes Vergnügen bekannt war, bezeichnen die Bewohner von Pietransieri im Dialekt als „Cuozz". Letztere ist eine mundartliche Bezeichnung, die die Eigenschaften der hartnäckigen, rauen Leute, die an ihren wenigen Sachen kleben, zum Vorschein bringen sollte.

Roccaraso hatte einen Bürgermeister - Ippolito del Castello - weil in Pietransieri der Polizist Italino Oddis hauptsächlich die Gemeindeverwaltung vertritt.

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Im Spätsommer 1943 scheint eine Wende im welt-historischen Kontext nahe. Der Krieg ist an einem Wendepunkt und in dieser kleinen Ecke von Land im Herzen der Abruzzen ist der Konflikt eine ferne Sache.

In den Abruzzen ansässige Schriftstellerin und Dramatikerin Natalia Ginzburg erzählt hierzu:
 

"Der Krieg - so dachten wir - hätte im Handumdrehen das Leben von allen auf den Kopf gestellt. Stattdessen ging das Leben für Viele jahrelang so weiter, wie sie es gewohnt waren. Diese Personen haben ungestört ihr Leben geführt, wie sie das immer gemacht hatten. Als alle schon dachten, sie wären dem Krieg mit minimalem Schaden entkommen und es gäbe keinerlei Unruhen, keine zerstörten Häuser, keine Flucht wäre nötig gewesen oder es gäbe keine Verfolgungen, erst dann gab es überall Explosionen von Bomben und Minen. Die Häuser stürzten ein, die Straßen blieben voller Trümmer, voller Soldaten und voller Flüchtlinge. Keiner mehr war in der Lage so zu tun, als ob nichts wäre. Keiner konnte die Augen schließen, die Ohren stopfen, um den Lärm fernzuhalten; den Kopf unter dem Kissen verstecken. Das Kissen war nicht mehr da. Das war der Krieg in Italien."

Am 8 September 1943 erklärte der Feldwebel Pietro Badoglio:
 

"Die Regierung erkennt die überwältigende Stärke der gegnerischen Armee und die Unmöglichkeit, mit dem ungleichen Kampf fortzufahren. Im Versuch, weitere und schwerwiegendere Verluste der Nation zu ersparen, hat die italienische Regierung mit dem General Eisenhower, den Oberbefehlshaber der anglo-amerikanischen Kräfte, verhandelt und einen Waffenstillstand gefordert. Die Nachfrage wurde angenommen, sodass jegliche Feindlichkeit gegenüber den anglo-amerikanischen Kräften seitens der italienischen Kräfte eingestellt werden müssen. Letztere werden jedoch auf eventuelle andere Angriffe reagieren."


Eine nahezu feierliche Stimmung füllt die Luft mit der Begeisterung derer, die den Sieg besingen wollen, während sie die weiße Fahne wehen. Nach der Stunde der unwiderruflichen Entschlüsse, die das Schicksal des Landes und ganzer Generationen unwiderruflich bestimmen würde, scheint es, als ob die Stunde der Waffenruhe, wenn nicht des Friedens geschlagen hätte.

Es wird angestoßen, es wird gejubelt und man stößt erleichtert Seufzer aus.