Die Tage vor dem Massaker

Die Ereignisse des 16. Novembers 1943

Albert Kesselring, der Theoretiker des „Zentimeterkrieges", war als junger Mann bei der Luftwaffe. Später wurde er Artillerieoffizier. Er ist sowohl des Gesamtüberblicks eines Fliegers fähig als auch der Aufmerksamkeit für das Detail eines Artillerieoffiziers. Er plant konsequent alle Details, die mit der Verteidigungslinie verbunden sind, – was er vernachlässigt ist die menschliche Ebene. Die Deutschen sind zahlenmäßig unterlegen und fangen nämlich an, der Demotivation zum Opfer zu fallen.

Zugleich ist der Oberleutnant Shulemburg zu tolerierend mit seinen Soldaten, die ihre Aufgaben nicht erfüllen und die bevorstehende Gefahr nur unzureichend wahrnehmen.

Eine Hauptkampflinie soll im Mittelpunkt der militärischen Strategie stehen. Vor der Linie soll eine freie Zone. Sicherheit gewährleisten, die neben einem mehr oder weniger breiten „Niemandsland" liegt. Im Gebiet der Limmari ist kein Niemandsland vorhanden: der schmale Fluss Sangro stellt es dar.

Der Gegner hat nun einen einfacheren Zugang auf die deutsche Sicherheitszone. Aus diesem Grund soll sie möglichst frei sein, um zu verhindern, dass Kriegsgefangene flüchten können und somit wichtige Informationen durchsickern würden.

soldato tedesco

Dennoch wird die Sicherheitszone von den Bewohnern von Pietransieri besetzt, die den deutschen Ultimaten zur Räumung des Gebietes nicht gehorchen. Sie hatten die Nachlässigkeit der Soldaten ausgenutzt, um sich im Gebiet versteckt aufzuhalten.

Der Druck seitens der Briten wird eine Woche nach Ablaufen des letzten Ultimatums von Kesselring stark empfunden. Der Oberleutnant Shulemburg befürchtet einen Vergeltungsschlag von Kesselring ihm gegenüber sollte es zu einem Durchbruch in der strategischen Verteidigungslinie kommen, weil er bislang seine Aufgaben zu leichtfüßig in Anspruch genommen hatte.

Dies erfolgt unter folgendem Zusammenhang: Die Voraussetzungen für ein Durchkämmen sind schlecht, wegen eines Mangels an Zeit und zur Verfügung stehende Beförderungsmittel, um Sulmona zu erreichen und eine geringe Zahl an Humanressourcen. Wie soll man da was gegensteuern?

Von der Erzählung von Enzo Tristani:
 

"Am Morgen des 16. Novembers setzten die Deutschen die Scheune hinter dem Haus in Brand. Als wir bemerkt hatten, dass die Deutschen die Scheune zum Brennen gebracht hatten, verließen wir alle das Haus. Ich floh mit den anderen Männern im Wald von Anito delle Lesche. Wir sind auf einem Gipfel stehen geblieben, wovon man die zwei Höfe von D'Aloisio und Macerelli sehen konnte. Es sah so aus, als würden beide Dächer brennen. Während wir uns dort aufhielten, haben wir die Explosionen zweier Minen gehört. Bei unserer Rückkehr fanden wir heraus, dass eine davon in unser Hof explodiert war ... Das Dach war eingestürzt, so schliefen wir in der Nacht zum 16. November unter einer Plane im Freien. Die Mine hatte den Dachboden des ganzen Hauses und ein Stück der Außenwand zertrümmert, weil der Brand das Dach zum Einstürzen brachte. Wir schliefen nur eine Nacht im Freien, danach gelang es uns, den Dachboden des ersten Stocks mit Brettern und Blechen abzudecken.


Die Deutschen fangen an, von Pietransieri hinunterzukommen und die Leute zur Vertreibung aufzufordern, doch ohne konkrete Ergebnisse, bis ein zugleich unerwartetes und grausames Ereignis eintritt. Es wird der Erste einer Reihe sein, und es setzt den Ton für das Schrecken der folgenden Tage.
giorni precedono strage soldati

Eine deutsche Patrouille stößt auf 8 Männer, die die Kühe später als gewöhnlich tränken wollten, nimmt sie fest und bringt sie zum Dorf. Einer von ihnen, Pasquale D'Aloisio, der dachte, sie wären für weitere Arbeiten an der Front gebraucht, nutzt einen Moment, in dem die Soldaten abgelenkt waren aus und versucht zu entfliehen, um sich der Arbeit zu entziehen.

Sechs weitere Männer versuchen das Gleiche, doch sie werden von Kugeln aufgehalten, die sie kaltblütig töten. Der Letzte der 7 Gefangenen wird ebenso kaltblütig getötet, nachdem er gezwungen wurde, sich selbst ein Grab zu schaufeln.

Kurz darauf treffen zwei Soldaten im Hof Macerelli in Limmari ein, um den dortigen Ofen, der einzige in der Gegend, mit Minen zu sprengen. Frau Maria Cordisco kommt in den Trümmern der Explosion ums Leben, als sie versucht, das kostbare Brot zu retten, den sie kurz zuvor zum Backen eingelegen hatte.

Vom 17. zum 20. November 1943

Ab dem darauffolgenden Tag gab es willkürliche Hinrichtungen von all den Personen, auf denen die deutschen Soldaten auf dem Weg und im Wald stießen, auch ohne sie zu suchen und jagen.

Das Ergebnis des Strafzuges lautet folgendermaßen: 19 Tote in 4 Tagen.
Maria (77 Jahre alt) und Giuseppe Macerelli (80 Jahre alt) wurde gnadenlos die Kehle durchgeschnitten, Rita di Cristoforo, die 22 Jahre alt war, wurde durch Gewehrschuss am Bauch getroffen – sie hat man nur ein Jahr später in eine Schlucht wiedergefunden. Ihr einundfünfzigjähriger Vater Achille wurde getötet, als er seine Tochter nicht zurückkommen sah und aufbrach, um sie zu suchen. Außerdem sind Antonio di Florio (38), sein Vater Annibale (74) und Alfredo Di Padova (18) unter den Missglückten, die der Armee in diesen Tagen begegneten.

Es sterben auch Personen an der Kälte, wie die kleine Tochter von Sabatina D'Amico, die mit Mitleid in einer Kiste gelegt wurde. In der gleichen Kiste lag auch ein Schädel, den ein Hund im Mund hielt. Nur später erkennt man es als den Schädel des Vaters der Kleinen, der von den Soldaten ermordet wurde. Seine Frau hatte ihn kurz zuvor unbewusst wiedergefunden.

eventi 17 20 novembre limmari